Pflegefamilie
Pflegefamilie aus entwicklungs- und systemorientierter Perspektkive
Die Inpflegenahme ist ein nicht-normatives Lebensereignis, das Eltern, Pflegeeltern und Jugendamt miteinbezieht. Sie stellt eine Streß erzeugende Veränderung im Leben des Kindes dar, deren Ausmaß davon abhängt, ob die Veränderung
- erwünscht/unerwünscht,
- kontrollierbar/unkontrollierbar,
- vorhersagbar oder nicht ist.
Mit zunehmender Transparenz dieser drei Bereiche verringert sich der Streß.
Das Pflegekind bleibt Mitglied der Herkunftsfamilie, sowohl in der kognitiven Repräsentation als auch durch reale Kontakte zu den Eltern. Durch die Inpflegegabe bildet sich ein binukleares System, bestehend aus Pflegefamilie und Herkunftsfamilie, in dem das Pflegekind das Bindeglied ist. Beide Subsysteme werden durch die Inpflegenahme verändert. Gleichzeitig entscheidet die Kooperation zwischen der Herkunftsfamilie und der Plegefamilie über den Verlauf des Pflegeverhältnisses. Auf jeden Fall ist der Kontakt zur Herkunftsfamilie zu erhalten. Eine wichtige Prämisse für erfolgreiche Inpflegenahme besteht darin, die Veränderung für das Kind so gering wie möglich zu halten und ein vertrautes Umfeld zu schaffen.
Kooperation zwischen Pflege- und Herkunftsfamilie und Offenheit der Grenzen zwischen ihnen ist wichtig. Kinder haben keine Schwierigkeit, mehrere Erziehungspersonen zu nutzen, es klappt nur dann nicht, wenn die Beziehungspersonen sich nicht verstehen. Häufiger Wechsel ist ungünstig für die Entwicklung des Pflegekindes. Frühe Adoption wirkt sich günstig aus. Pflege bei Verwandten ist der Fremdpflege vorzuziehen. Adoptions- Pflege- und Stieffamilien zeigen häufig die Tendenz
- Herkunftsfamilie zu imitieren;
- sie gleichzeitig auszuschließen;
- schnell enge Beziehungen aufzubauen (beanspruchen Exklusivrollen)
- Vergangenheit zu vertuschen, was sich zur Zeitbombe entwickeln kann.
Störfaktoren:
- Rahmenbedingungen in Ämtern, z.B. Zeitdruck, Struktur von Ämtern;
- Pflegefamilie hat den Hang zur Imitation der Kernfamilie, z.B. durch Vertuschung.
Beziehung von Kindern bei Unterbringung in Geschwistergruppen:
- jedes Kind bringt seine spezifischen Erfahrungen mit, in der Geschwisterkonstellation, im Erleben der Unterbringung usw.;
- Geschwister können sich zusammenschließen "Hänsel und Gretel Syndrom";
- Kinder brauchen Vertraute, mit denen sie über die Herkunftsfamilie sprechen können.
Typische Reaktionen von Pflegekindern auf Fremdunterbringung:
Die Miteinbeziehung der Geschwister in die Entscheidung über die Fremdplazierung ist wichtig, da sonst Schuldgefühle bei den Geschwistern auftreten können, z.B.
- Unterbringung wird als Bestrafung empfunden;
- Übernahme der Verantwortung für die Unterbringung;
- Entwicklung von Ängsten.
Angstreduzierung ist möglich durch
- Gefühle benennen und differenzieren;
- frühere Trennungserfahrungen besprechen;
- starke Orientierung an Geschwisterrealität z.B. Besuche;
- Pläne für Handhabung der Trennung besprechen;
- Vermittlung des Gefühls, ernst genommen zu werden.