Bindung

Erste Annahme - Bindung zwischen Mutter und Kind wurde zunächst als naturgegeben angesehen (Freud). Wird inzwischen verworfen.

Nächste Annahme - Bindung zur Mutter sollte durch Bedürfnisbefriedigung entstehen. Widerlegt durch Untersuchungen von Harlow und Hospitalisationserfahrungen.

Es folgte die operationale Definition - Stärke der Bindung drückt sich in bestimmten Verhaltensweisen aus (z.B. Suchen und Erhalt räumlicher Nähe, Trennungsprotest, Begrüßungsverhalten). Diese Verhaltensweisen sind jedoch zeitlich nicht konstant.

Bowlby (1975) und später andere bezeichnen mit Bindung den vertrauensgebenden Aspekt (Pflege) zwischen Kind und Pflegeperson(en). Pflegereaktion wird eingeleitet durch genetisch bedingtes Auffoderungsverhalten des Säuglings (Klammern, Saugen, Lächeln, Weinen). Z.B. kann ein drei Tage alter Säugling die Stimme der Mutter bereits erkennen und strengt sich an sie zu hören (De Casper & Pfeifer, 1980). Der Bindungsprozeß beginnt also mit der Geburt.

Ainsworth untersuchte Unterschiede in Mutter-Kind Beziehung. Signalcharakter für Bindungsqualität haben nicht die stressfreien sondern die verunsichernden Situationen (furchtauslösende Situationen, fremde Räume, unbekannte Erwachsene, Trennung von Mutter, usw.). Es wird zwischen drei Bindungsqualitäten unterschieden:

Kinder können unterschiedliche Bindungen zu Bezugspersonen haben.

Mütter von sicher-gebundenen Kindern reagieren schnell und präzise auf Signale der Kinder. Mütter von unsicher-gebundenen reagieren eher auf Signale der Kinder entsprechend ihren eigenen Bedürfnissen.

Bindungsqualität ist also abhängig von der Kommunikationsfähigkeit und Kommunikationswilligkeit der Bezugsperson. Wenn Handlungen des Säuglings und Reaktion der Umwelt nicht zusammenhägend erscheinen, wird Vertrauen des Kindes geschädigt. Die Fähigkeit einfühlsam zu reagieren ist bei Vätern genauso vorhanden wie bei Müttern (Fthenakis, 1985; Papousek et al., 1984). Einfühlsam bedeutet auch, den Verstärkungsmechanismus zu durchbrechen, der Zuwendung durch Aggression und Isolation einklagt (ganz wichtig!).

Bindung zerfällt weiter in vertrauensgebenden (emotionalen) und kooperativen (kognitiven) Aspekt (Grossmann, 1984, 1985). Der zweite Aspekt erfaßt die Gemeinsamkeit in streßfreien Spielgemeinschaften (Zusammenspiel/Spielinteresse). Dabei kann zwischen feinfühlig-nachgiebigem und feinfühlig-anregendem Erzieherverhalten unterschieden werden.

Sichere Bindung ist günstig für die Entwicklung. Sichere Bindungsbeziehungen können in unsichere übergehen und umgekehrt. Bindung ist ein lebenslanger Prozeß. In jedem Lebensalter löst Trennung Reaktionen von emotionalen Verhaltensweisen aus. Reaktionen des Kindes auf Trennung: Protest, Aggression, Hoffnung, Trauer, Ab/Zuwendung (auch bei Erwachsenen zu beobachten - Scheidung, finale Krankheit).