Gespräch mit Kind
Voraussetzung für kindgerechte Gesprächsführung
- Kenntnis über kognitive und sprachliche Fähigkeiten von Kindern und Berücksichtigung des Entwicklungsstandes des jeweiligen Kindes;
- Auf kindliche Abwehrmechanismen achten (nicht insistieren, drängen); z.B. bei Zurückziehen (weinen), Verdrängung, Projektion (er hat mich geschlagen);
- Zweck der Befragung muß klar sein und darf keine Bedrohung darstellen ("was soll ich hier?", "was passiert hinterher?");
- Setting sollte kindgerecht sein - zuhause im eigenen Zimmer; wenn im Amt - kleine Möbel, Kinderzeichnungen, Farbstifte (hier waren schon mal Kinder);
Interview-Aspekte
- Beginn des Gesprächs wichtig (joining); Händedruck wirkt bei Kindern starr; zu Kindern kann eher Körperkontakt aufgenommen werden; unruhige Kinder klar ansprechen ("kannst du meine Bücher bitte stehen lassen"); Beziehung über Körperkontakt, Blickkontakt, Sprache herstellen, "ich erzähl dir was, und die Eltern hören jetzt mal weg"; wenn ein Kind nicht spricht z.B., "wenn ich du wäre Tanja, dann würd ich mich jetzt ganz schön ärgern"; sich ankoppeln an irgendetwas Positives oder Schönes an dem Kind, "du hast ja einen tollen Ring";
- Fragen mit "soziale Erwünschtheit" oder "Antwort-Konsequenzen" vermeiden ("gehst Du gern zum Papa?") ("bist du immer schön artig?");
- Kind Kontrolle einräumen, wenn es z.B. was zeigen, machen, sagen will;
- Machtgefälle zwischen Erwachsenen und Kind beachten und vermeiden;
- Kind interpretiert Gestik, Mimik, Tonfall;
- auf Zeit achten - nicht zu lang;
- Loyalitätsprobleme vermeiden - Kinder schützen Personen, die ihnen nahestehen.
Kognitive Kompetenzen
Vorschulkinder:
- Vorschulkindern sind sprachlich noch nicht so kompetent, daher Ausdruck mit anderen Mitteln ermöglichen (Spiel, Malen, Schmusetiere z.B.);
- Erinnerungsvermögen ist noch nicht stark ausgeprägt, Wichtiges wird erinnert, nicht unbedingt in richtiger Reihenfolge;
- können sich nicht in andere hineinversetzen;
- komplexe Zusammenhänge können noch nicht nachvollzogen werden;
- magisches Denken (Phantasie) ausgeprägt; Illusion und wirklichkeit können sich abwechseln;
- Suggestion und Täuschung sind eher möglich;
Schulkinder:
- Aufmerksamkeit und Konzentration werden besser;
- beherrschen Mnemo(Erinnerungs)-Techniken;
- unterscheiden zwischen Wissen und Nichtwissen;
- kausales Denken und Erinnern ist ausgeprägter;
- längeres Erzählen möglich.
Praktische Hinweise
- unkomplizierte Fragesätze; evtl. Begriffe erklären
- präzise (konkrete) Ausdrucksweise (z.B. Namen nennen);
- versteht Kind die Frage? feststellen indem man die Frage evtl. wiederholen läßt;
- Antwort anerkennen;
- an tägliche Erfahrungen anknüpfen;
- Wiedererkennungserlebnisse - Spiel mit Puppen, Telefon, Fotos usw;
- unterschiedliche Antworten auf gleiche oder ähnliche Fragen weist oft auf angstbesetzte Erlebnisse hin;
- wenn das Kind gestreßt ist, sind erhaltene Inormationen wenig wert;
- auftretende Aggressionen müssen nicht gegen Befrager gerichtet sein;
Gesprächsverlauf
Einstieg:
Aufwärmphase, auf Ebene des Kindes gehen, allgemein anfangen
- "was machst Du so am Tag?;
- "Du hast ja einen schönen Ring"
- "wie heißt denn Deine Puppe?";
- Vertrauen aufbauen,
- "ich helfe den Eltern, einige wichtige Entscheidungen zu treffen; möcht Dir helfen, Dinge für Dich leichter zu machen";
Beim Anschneiden von "Thema" kann Verschiebeverfahren hilfreich sein
- "manche Kinder ...";
- "hier war mal ein Junge ..";
- "weißt Du eigentlich ...";
Mittlere Phase:
Nach Beziehungen zu Eltern und Geschwistern fragen; das Ansprechen von Gefühlen gelingt oft über Verschiebetechnik,
- "ein Junge hat mir mal erzählt, seine Eltern haben immer gestritten, bloß weil er böse war - hast Du auch manchmal solche Gefühle?"
mit allgemeinen Fragendas eigentliche Thema ansteuern,
- "erzähl mir mal, wenn Du willst, ein paar gute und ein paar schlechte Seiten von Dir", oder
- "meinst Du, alle Kinder sollten immer in die Schule gehen?";
symbolische Techniken sind hilfreich - Wünsche abfagen, Zauberstab benutzen, mit Playmos und Puppen arbeiten (hier sollte man die eigenen Stärken kennen und nutzen);
Beendigung:
Erlaubnis einholen, worüber mit den Eltern gesprochen werden darf,
- "was war denn jetzt wichtig?" (möchte rote Schuhe anziehen, möchte eigenen Schrank haben)
- "gibt es irgendetwas, was ich Deinen Eltern sagen soll?"; wenn es "nein" sagt (nichts berichten) nachfragen, "kann jemand deshalb traurig sein, wird jemand böse sein?";
- "was soll geheim bleiben?";